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Vivafavela � Ein Armenviertel online
Die Armenviertel von Rio de Janeiro waren bisher medienfreie Zonen. Reporter trauten sich nicht hinein, f�r eine eigene Lokalzeitung fehlte das Geld. Das Internetportal Vivafavela f�llt nun die L�cke.
Den langen Kerl hatte es bei einer Schie�erei mit der Polizei in der �Stadt Gottes� erwischt. Ein Opfer mehr, der auf dem den staubigen Pflaster des Armenviertels im Norden Rio de Janeiros verblutete. Der Mord w�re schnell vergessen gewesen, wenn Tony Barros nicht die Schie�wut der Polizei mit seiner Kamera dokumentiert h�tte. Um den Beweis zu kassieren, jagten ihn die Beamten durch die Gassen des Viertels, doch schlie�lich konnte er sich im Gemeindehaus verschanzen, vor dem eine aufgebrachte Menge die Polizei am Eintritt hinderte. Am folgenden Tag prangte das Foto nebst Bericht auf Seite eins der Internetzeitung �Vivafavela�, zu deutsch �Es lebe die Favela!� Eine exklusive Meldung, denn die gro�en Medien Rio de Janeiros erw�hnten den Mord nicht. Ihre Reporter trauen sich nicht in die Armensiedlungen und beziehen ihre Informationen stattdessen von der Polizei � bei solch einem Vorfall kaum eine zuverl�ssige Quelle. Als jedoch Polizisten vor einigen Monaten vier unbescholtene B�rger mit Dealern verwechselten und erschossen , zwangen die Berichte von Vivafavela das Justizministerium, eine Untersuchungskommission einzusetzen. Damit waren auch die gro�en Medien verpflichtet, das Thema aufzugreifen. �Wir wollen die Bewohner der Favelas ins mediale Zeitalter integrieren,� sagt Chefredakteurin Cristiane Ramalho, 40, die zwanzig Jahre lang f�r gro�e Zeitungen Brasiliens gearbeitet hat. �Sie brauchen nicht nur Medikamente und Nahrung, sondern auch Informationen und gute Unterhaltung.� Eine Zeitung aus Papier w�re zu teuer gewesen. Also w�hlte Vivafavela das Internet als Medium. Zehn Korrespondenten und f�nf Fotografen berichten aus den Favelas, in denen sie leben und aufgewachsen sind. Eine Redaktion professioneller Journalisten im Zentrum Rios redigiert die Texte, w�hlt Fotos aus und gestaltet das Layout f�rs Netz. Mit Erfolg. Immer �fter greifen die �berregionalen Medien auf das Korrespondenten-Netz von Vivafavela zur�ck. Die Tageszeitung �O Dia� �bernimmt regelm��ig Artikel, ein Dutzend Medienleute ruft jede Woche bei Cristiane Ramalho an, um Informationen aus den Favelas zu bekommen: Wieviele Leute sind bei der Schie�erei gestern umgekommen? Waren auch Kinder unter den Opfern? Haben die Polizisten zuerst geschossen oder die Dealer? Selbst eine italienische Zeitung griff auf die Dienste von Vivafavela zur�ck, um nach dem weltweiten Kinoerfolg von �City of God� aus der gleichnamigen Favela zu berichten. �Eine eigene Recherche ist f�r Au�enstehende viel zu zeitaufwendig�, erkl�rt Cristiane Ramalho: �Ein ortsfremder Journalist kann nicht einfach in eine Favela hineingehen. Er braucht das Vertrauen der Siedlungsgenossenschaft, die sich wiederum bei den Drogendealern absichert.� Wer es ohne R�ckendeckung versucht, lebt gef�hrlich. Vor einem Jahr folterten Drogenh�ndler den Fernsehjournalisten Tim Lopes zu Tode. Er hatte sich in der Favela Alem�o als Drogenkonsument ausgegeben und versuchte mit versteckter Kamera einen Deal zu filmen - bis einer der Dealer das rote L�mpchen des Batteriekastens in seiner Tasche entdeckte. Ein Aufschrei ging nach dem Tod des Journalisten durch die Medien, Berichte �ber den Morast aus Drogen und Waffen in den Favelas f�llten die Bl�tter. �Andere Themen haben keine Chance,� sagt Cristiane Ramalho. �Die Brasilianer glauben deshalb, dass jeder Faveleiro im Drogenhandel mitmischt. In Wirklichkeit sind es nur zwei Prozent.�

Autor: Tilman W�rtz

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Photos:
Paul Hahn
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